Herbert Tichy
CHO OYU – Gnade der Götter
- Das Buch über die österreichische Erstbesteigung 1954

In den 50er Jahren, als sich wagemutige Bergsteiger daran machten die 8000er Gipfel im Himalaya erstmals zu besteigen, gelang es ausgerechnet einem, der sich grundsätzlich aus dem Wettbewerb heraushielt, den Gipfel des sechsthöchsten Berges der Welt, des Cho Oyu, erstzubesteigen: Dem Österreicher Dr. Herbert Tichy. Die Expedition bestand aus einer kleinen Mannschaft aus drei Österreichern und sieben Sherpas und nicht einmal einer Tonne an Ausrüstung. Als erfahrenen Bergsteiger hatte er den Tiroler Sepp Jöchler und als bergsteigenden Wissenschaftler den Tiroler Geographen Dr. Helmut Heuberger gewinnen können. Als Sirdar, den leitenden Sherpa, stand ihm Pasang Dawa Lama zur Seite, der ihn schon ein Jahr zuvor durch Westnepal begleitet hatte.

Herbert Tichys Gedanken

Den eigentlichen drängenden Gipfelwunsch verspürt Tichy erst spät, erst als er schon mitten drin ist in diesem Abenteuer, auf dem Nangpa La-Pass in etwa 5800 Metern, wo er nach einer gemeinsamen Erkundung kurz zurückbleibt, "um dieses Erlebnis ungestört zu genießen. Ich spürte wieder jenes fast wunschlose Glück, das mich jedes Mal beim Anblick einer Landschaft erfüllt. Ich versuchte nicht, es mir zu erklären, sondern war eben in ihm wunschlos. So wunschlos und zufrieden, dass ich den Berg, die mit ihm verbundenen Vorbereitungen und den Rückmarsch vergaß. Plötzlich aber wurde diese Wunschlosigkeit von einer neuen Begierde gestört: Ich wollte auf dem Gipfel des Cho Oyu stehen! Das mag, da ja unser Unternehmen diesem Ziel, dem Gipfel, diente, eine seltsam verspätete Erkenntnis scheinen. Aber bisher hatte ich den Gipfel anders gewünscht.

Ich bin kein Bergsteiger im strengen Sinn des Wortes. Berge sind für mich, auch wenn sie mich immer angezogen haben, nicht abstrakte Ziele, an denen man seine technischen Fähigkeiten und seine körperliche Leistungskraft beweisen kann, sondern nur Teile jener großen Welt, in der ich mich so wohl fühle. Ich habe die Gipfel geliebt, wie ich einzelne Menschen liebte, als gleichwertige Teile eines größeren Ganzen."

Die erweiterte Neuauflage des Cho Oyu-Buchs

Univ.-Prof. Dr. Helmut Heuberger schrieb für die Neuauflage der Cho Oyu Beschreibung von Tichy einen Rückblick aus der Sicht des "Expeditionswissenschaftlers", eine Tätigkeit, die er häufig tarnen musste, um nicht bei Tichy in den Verdacht des "G’schaftlhubers" zu kommen. Darüberhinaus stellte Heuberger einige unveröffentlichte Bilder aus seinem großen Fundus zur Verfügung. 40Jahre nach der Erstbesteigung unternahm eine junge österreichische Bergsteigergruppe mit einigen Sherpas eine Herbert-Tichy-Gedächtnisexpedition zum Cho Oyu – unter ähnlichen Prämissen: So wenig Material wie möglich und im Zeichen der Harmonie. Der Gipfel blieb ihnen zwar verwehrt, aber es war ein gelungenes Erlebnis, über das Herbert Mayerhofer, stellvertretend für die Gruppe – Johannes Assem, Simone Zipper und Marcus Fritz – illustriert mit neuen Bilder in der Cho Oyu Neuauflage berichtet.

Herwig Zens, der auch ein persönliches Naheverhältnis zum Berg an sich und zu manchen im besondern hat, setzt mit seinen, nach ausgewählten Originalbildern gezeichneten Illustrationen weitere Glanzpunkte in dieser Neuauflage.